Radikaler Systemwechsel: Bundesregierung will Politik zu Lasten von rund 700.000 jungen Arbeitslosen machen

01.09.2023

Warum es keine gute Idee ist, die Vermittlung von Arbeitslosen, die unter 25 Jahre alt sind, ab 2025 nicht mehr von Jobcentern erbringen zu lassen.

Die Bundesregierung plant, die Integrations-, Sozial- und Teilhabeberatung sowie die Vermittlung von Arbeitslosen, die unter 25 Jahre alt sind, ab 2025 nicht mehr von den lokalen Jobcentern, sondern von den Arbeitsagenturen erbringen zu lassen. „Hört sich erst einmal unproblematisch an: Die Aufgabe geht von einer Behörde auf eine andere Behörde über. Aber: Bisher werden Familien und ihre Kinder aus einer Hand - nämlich dem örtlichen Jobcenter - betreut. Die lokalen Jobcenter nehmen dabei eine ganzheitliche Betreuung wahr. Diese Struktur aufzubrechen, wird weitrechende Folgen aus Sicht der Frauen Union Nordrhein-Westfalen haben. Ganz abgesehen davon, dass angesichts der Situation auf dem Arbeitsmarkt mit vielen offenen Stellen 700.000 Arbeitslose junge Menschen unter 25 Jahren nicht akzeptabel sind,“ so Elke Duhme, Stellvertretende Landesvorsitzende der Frauen Union Nordrhein-Westfalen.

Mit diesem Kabinettsbeschluss verlässt die Bundesregierung den Weg der Sozialpolitik und fällt noch hinter die Bürgernähe aus der Zeit des Bundessozialhilfegesetzes zurück, als die Kommunen noch vor Ort bei den Menschen für die soziale Sicherung gesorgt haben. Getreu der Sozialstaatsgarantie des Grundgesetzes verpflichteten sowohl das damalige Bundessozialhilfegesetz als auch das SGB II den Staat, den Hilfebedürftigen ein Leben in Würde und damit in gesellschaftlicher Teilhabe zu gewährleisten.

Die Arbeitsagenturen haben gesetzlich den Auftrag der beruflichen Beratung mit dem Ziel Ausbildung, Weiterbildung und die Integration in Arbeit zu ermöglichen. Im Bereich der Jugendlichen steht die Herstellung der Ausbildungsreife, zum Beispiel durch berufsvorbereitende Maßnahmen und die Aufnahme einer Ausbildung, im Vordergrund.

Unfassbare Aktion des Bundesarbeitsministers

Duhme weiter: „Die Jobcenter haben hier ganz klar mehr Möglichkeiten und eine langjährige Erfahrung in der oft zunächst erforderlichen sozialpädagogischen Begleitung der jungen Menschen. So stehen die U25-Teams in den Jobcentern für eine umfassende soziale Beratung, in krisenhaften Lebenssituationen, Hilfestellung bei Sucht, Schulden, Wohnungslosigkeit und psychischen Problemen sowie die Unterstützung bei der Eingliederung in die Gesellschaft, der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – all das wird jetzt über Bord geworfen, in einer unfassbar unüberlegten Aktion des Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Selbst die Bundesagentur für Arbeit war überrascht, da im Vorfeld kein Einbezug erfolgte. Der Bundesarbeitsminister legt das soziale Wohl vieler junger Menschen unabgestimmt in die Hände einer Bundesbehörde, die einen anderen gesetzlichen Auftrag hat als die Jobcenter. Hier geht nicht nur die langjährige Erfahrung der Jobcenter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren, sondern auch Trägerstrukturen und Netzwerke vor Ort. Hier wird an einer völlig falschen Stelle gespart.“